Was ist ein hydraulischer Widder?

 Der Widder ist eine stromlose Wasserhebevorrichtung, mit der die Kraft etwa eines höher gelegenen Wasserreservoirs dazu benutzt wird, dieses Wasser an eine noch höher gelegene Stelle zu heben. Das Wasser fließt aus einem Behälter (der z.B. aus einem Gebirgsbach gespeist wird) dem Widder über eine Leitung zu. An einem zunächst geöffneten Stoßventil fließt das Wasser zunächst vorbei und geht dabei verloren. Ab einer bestimmten Fließgeschwindigkeit schließt sich das Stoßventil, und es kommt zu einem plötzlichen Druckanstieg vor dem Ventil. Dieser Druckanstieg öffnet ein Steigventil, das vor dem Stoßventil liegt, und ein Teil des Wassers schießt in einem Druckausgleichskessel hinein, an dem auch die Steigleitung angeschlossen ist. Der Druckausgleichkessel sorgt für einen gleichbleibenden Auslauf an der Entnahmestelle. Nachdem dies geschehen ist schließt sich das Steigventil und das Stoßventil öffnet sich wieder, das Spiel beginnt von neuem.

Die permanenten Druckstöße in der Widderanlage erinnern an die Rammstöße eines Widders, daher hat der Widder seinen Namen.

Mit solchen Widderanlagen können Höhen von über 200 Meter und Volumenströme von bis zu 1000 Liter in der Minute realisiert werden.

Wer ist der Erfinder?

Der Erfinder des Widders ist der Franzose Michel Josef de Mongolfier (1740-1810; mit seinem Bruder erfand er den ersten Heißluftballon).

 

Wie funktioniert der Widder praktisch?

Zu Beginn der Inbetriebnahme eines Widders strömt das Wasser durch die Treibleitung und das Stoßventil nach außen. Durch die zunehmende Geschwindigkeit wird der Ventilkegel nach oben mitgenommen. Das Stoßventil schließt sich, und das Wasser in der Treibleitung wird abrupt angehalten. Das Wasser strömt durch das Druckventil in den Windkessel und nach dem Prinzip der kommunizierenden Röhre in der Steigleitung bis zur Höhe der Brunnenstube.

Nach dem manuellen öffnen des Stoßventils beginnt das Wasser wieder zu fließen und das Stoßventil schließt sich wieder. Durch die kinetische Energie des Wassers, also durch dessen Trägheit, entsteht beim Widder ein sehr hoher Stoßdruck. Dieser Druck führt dazu, daß ein Teil des Wassers von der Treibleitung durch das Druckventil in den Windkessel gedrückt wird, bis die kinetische Energie des Wassers in der Treibleitung “verbraucht” wird und das System wieder zur Ruhe kommt. Die Luft im Windkessel wird dabei kurzfristig zusammen gedrückt, dehnt sich aber wieder aus und drückt das Wasser in der Steigleitung nun über das Niveau der Brunnenstube. Der nun etwas höhere Druck im Windkessel schließt das Druckventil und verhindert ein zurücklaufen des Wassers.
Das (manuelle) anstoßen des Stoßventils wird nun mehrmals wiederholt, bis das eigentliche Widderprinzip eintritt. (Dies ist in vielen Veröffentlichungen oft nicht ganz richtig dargestellt):
Der Druck im Windkessel wird bei jedem Pumpstoß etwas höher, dadurch wird das Eindringen des Wassers in den Windkessel erschwert. Es kann also nach dem plötzlichen Schließen des Stoßventils immer weniger Wasser aus der Treibleitung in den Windkessel gepresst werden. Wird diese Wassermenge nun so klein, dass sie nicht ausreicht um die kinetische Energie des Wassers im Treibrohr “aufzubrauchen”, also das Wasser nicht mehr “sanft abgebremst” wird, so führt die überschüssige Energie zu einer Umkehr der Bewegungsrichtung. Das Wasser bewegt sich einen kurzen Moment rückwärts. Dadurch entsteht ein Unterdruck am Stoßventil und es öffnet sich von selbst. Sobald es einen kleinen Spalt geöffnet ist, fällt der Ventilkegel von selber wieder nach unten, bis er mit der gleichzeitig wieder einsetzenden Strömung des Treibwassers wieder nach oben gehoben wird. Das Spiel setzt sich nun immer wieder von selber fort.
Zum besseren Verständnis kann man dieses Prinzip mit einem Hammer vergleichen: Lässt man einen Hammer auf einen Nagel der nur etwas in einem weichen Holz steckt fallen, so drückt er den Nagel weiter in das Holz und der Hammer bleibt auf dem Nagelkopf liegen. Steckt ein (größerer) Nagel dagegen sehr fest im Holz so wir der Nagel nur noch sehr wenig in das Holz gedrückt und der Hammer federt wie auf einem Amboss etwas zurück.
Ist das Wasser in der Steigleitung am oberen Ende angekommen, so steigt der Druck im Windkessel natürlich nicht mehr. Er pulsiert minimal bei jedem Pumpstoß. Das Wasser in der Steigleitung fließt gleichmäßig und tritt am oberen Ende kontinuierlich aus.
Die Luft im Windkessel dient als Polster. Das Wasser in der Steigleitung wäre viel zu träge, um bei jedem Pumpstoß ruckweise weiterbefördert zu werden. Der Druck im Windkessel ist nur von der Förderhöhe und etwas vom Strömungswiderstand abhängig. Ein (weit) verbreiteter Irrtum ist, dass ein größerer Durchmesser der Steigleitung (wegen der größeren Wassermenge) zu einem höheren Druck im Windkessel führt. Das ist physikalischer Unsinn, bekannt als “hydraulisches Paradoxon”.
Durch einen größeren Durchmesser sinkt der Strömungs-widerstand, der Betriebsdruck im Windkessel wird sogar etwas kleiner und es kann etwas mehr Wasser gefördert werden.
http://www.kamenzer-geschichtsverein.de/images/widderskizze.jpg

Was sind die Bedingungen für den Einsatz eines Widders?

Um einen Widder betreiben zu können müssen folgende Voraussetzungen erfüllt werden:
  • Es muss ein ständiger Wasserfluss aus einer Quelle oder einem Bach vorhanden sein. Je nach Ihrem Wasserbedarf genügt zum Teil bereits eine Menge von 3 Liter/min.
  • Von diesem Wasserzufluss aus ist ein gewisses Gefälle erforderlich. Das bedeutet, der Widder muss tiefer als die Quelle (oder der Bach) aufgestellt werden können. Dies kann ebenerdig, als auch in einem Schacht geschehen.
  • Vom Widder muss ein Abfluss des Arbeitswassers, entweder mit einem freien Ablauf oder mit Hilfe einer Rohrleitung an eine geeignete Stelle, gewährleistet sein.